SabineS

Ein Tag in der Reservation
Juni 2022

Bericht: Sabine S.

Ich war noch niemals in…
…South Dakota


In den vergangenen Jahren hat mir meine Freundin, die mit dem Herzen an den amerikanischen Ureinwohnern hängt, viel über diese Menschen und ihre Geschichte erzählt. Auch über die beeindruckende und atemberaubende Landschaft. Ihre Begeisterung hat mich angesteckt.
Vor ein paar Wochen war es endlich soweit. Ich bin in die USA geflogen. Genauer gesagt, nach Rapid City, South Dakota.

Unsere Reise führte uns durch 3 Bundesstaaten - South Dakota, Wyoming und Montana.
Beinahe hätten wir auch Nebraska hinzugefügt, doch dazu später.

Meine Freundin hatte nicht übertrieben. Ein Landschaft- Highlight jagte das nächste. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Black Hills, Badlands, charmante Städtchen, wie ich sie aus Westernfilmen meiner Kindheit kenne - ich fand alles „wow“. Und überall gut gelaunte, freundliche und hilfsbereite Menschen. Foto um Foto habe ich gemacht, um möglichst all das festzuhalten, von dem ich später allen vorschwärmen wollte.

Im Gepäck hatten wir einiges, was wir speziell für Angehörige der Lakota-Indianer mitgebracht haben, die in der Pine Ridge Reservation leben. Aufgrund der langjährigen Verbundenheit mit Land und Leuten vor Ort, konnte meine Freundin viele Kontakte knüpfen und weiß um deren Bedürfnisse und Wünsche. Für uns Kleinigkeiten (Haarspangen und Buntstifte), für die Indianerkinder dennoch kleine Schätze. So verabredeten wir uns mit Babette Thin Elk. Sie gehört dem Stamm der Lakota an und unterrichtet an der Rockyford School in Rockyford während der Sommerschule andere Stammesangehörige in ihrer Muttersprache. Wir wurden von Babette herzlich in ihrem Haus empfangen. Im Garten dösten die Hunde im Schatten eines Baumes (das Thermometer zeigte 100° F), die Katzen, einige erst ein paar Tage alt, tollten durchs Haus.
Wir unterhielten uns über alles Mögliche. Einen Unfall, den Babette einige Monate zuvor erlitt und von dem sie sich nur langsam erholte. Und über Aktuelles, wie über das Winterprojekt, das sie im Rahmen der Lakota Horsemanship vor Ort unterstützt. Dank der Spenden für das Winterprojekt kann für die Lakota in der Reservation Propan, Gas und Holz gekauft werden. Propan und Gas in Flaschen, das sie - gerade im Winter - zum Kochen und Heizen brauchen. Ich bekam Einblicke in die Schwierigkeiten, mit denen die Lakota leben müssen. Das hat mich sehr betroffen gemacht. Babettes humorvolle und lockere Art, mit der Situation umzugehen, verlieh dem Ganzen dann aber doch einen Hauch von Leichtigkeit. Nichts desto trotz war überall zu sehen, dass die Einwohner zu den ärmsten des Landes gehören.

Nach einer ganzen Weile verabschiedeten wir uns - wir waren noch zu einem Picknick eingeladen.
Ungefähr 1,5 Stunden Fahrt lagen vor uns. Wir wollten Mary abholen, die die Picknick-Einladung ausgesprochen hatte. Ihre Familie war bereits vorgefahren. Von Marys Trailer aus waren es dann noch mal gut 1 Stunde bis in die Black Hills, wo wir uns treffen wollten. Doch da mussten wir erst mal hinkommen. Die Adressangabe von Mary war für uns etwas unspezifisch, wenn auch sicher indianisch-genau. Wir haben uns verfahren, den Fehler kurz vor Nebraska bemerkt und sind umgekehrt. Zum Glück hatte Mary immer noch dieselbe Telefonnummer und wir haben sie dann doch noch gefunden. Mary zeigte uns stolz ihren neuen Trailer. Sehr gemütlich, wenn auch ziemlich spartanisch, eingerichtet. Allerdings gab es weder fließend Wasser noch Strom. Lebensbedingungen, die ich mir nicht vorstellen kann. Bedenkt man, dass es sich hier um Marys Hauptwohnsitz und nicht um einen romantischen Campingplatz handelt.
Der Tag war schon ziemlich weit fortgeschritten, deshalb sind wir losgefahren - die Einladung zum Picknick stand ja noch. Problem: Unser Tank war fast leer - ca. 60 Meilen wollte uns das Auto noch gönnen. Nur in welcher Richtung liegt die nächste Tankstelle? Ideal wäre ja die Richtung, die wir ohnehin einschlagen wollten - Richtung Black Hills. Entfernung zur Tankstelle etwa 50 Meilen. Würde eng werden - hat aber gepasst. Auf dem Weg mussten wir allerdings ein paar Mal anhalten. Die Landschaft war einfach zu schön, um einfach daran vorbeizufahren.

Endlich am Picknickplatz in den Black Hills angekommen, trafen wir auf 2 von Marys Schwestern, einen Schwager und 2 Nichten. Wir wurden herzlich empfangen und zum Essen eingeladen. Es gab pulled Pork, Chips mit verschiedenen Dips und wahnsinnig süße Cola. Indianer lieben Süßes. Pogo, eine der Schwestern ruhte sich im Schatten von ihrer Dialysebehandlung aus und wurde liebevoll von den jungen Mädchen umsorgt. Caroline war mit einer Handarbeit - indianische Perlenstickerei - beschäftigt. Wir machten einen kleinen Spaziergang zum nahe gelegenen See und unterhielten uns. Ob es diese oder jene Pflanze auch in Deutschland gäbe, ob die anderen schon einmal in einem anderen Land gewesen wären… „We never were out of South Dakota.“ Huch, die Frage war doch recht naiv von mir. Allerdings nahmen es alle mit Humor.
Da das unser letzter Tag vor der Abreise nach Deutschland war, verabschiedeten wir uns von der sympathischen Runde und machten uns auf den Rückweg nach Rapid City, von wo aus wir am nächsten Tag die Heimreise antreten - naja ja - mussten.

Zusammengefasst war es eine beeindruckende Woche für mich. Eine Wahnsinns-Landschaft, soweit das Auge reicht, viele Tiere, freundliche, hilfsbereite Menschen und, und, und. Sehr bedauerlich, dass die Indianer immer noch nicht ihre Kultur wieder so leben können, wie es Generationen vor ihnen getan haben. Auf bestimmte Grundstücke in den Reservationen begrenzte Wohnmöglichkeiten unter erschreckend einfachen Bedingungen. Platz, der für die größer werdenden Familien kaum ausreicht. Schlechte Versorgung mit Lebensmitteln - entweder weit entfernt oder überteuert.
Dennoch spürt man die Energie, die den Meisten innewohnt. Respekt.

Ich werde wiederkommen.

Sabine Suchland

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